Einleitung: Wenn der Wind Geschichten erzählt
Inmitten der sanften Hügel der Südsteiermark, zwischen Weinreben und Kürbisfeldern, erhebt sich eine ganz besondere Silhouette. Es ist kein Windrad, kein Aussichtsturm und auch kein modernes Kunstwerk – es ist ein Klapotetz. Das hölzerne Windrad mit seinen markanten Flügeln und seinem klappernden Klang ist eines der bekanntesten Kultursymbole der südlichen Steiermark und ihrer Nachbarregionen in Slowenien.
Doch der Klapotetz ist mehr als nur ein Fotomotiv in der herbstlichen Weinlandschaft. Er erzählt Geschichten von Weinbauern, Wind und Wetter, Brauchtum und ländlichem Handwerk. In diesem Beitrag nehmen wir dich mit auf eine Reise durch die Herkunft, Funktion, Bauweise und kulturelle Bedeutung dieses einzigartigen Geräts – und erklären, warum der Klapotetz weit mehr ist als ein Vogelschreck.
Was ist ein Klapotetz?
Definition und Herkunft
Der Klapotetz (auch: Klapotetz, Klopotec oder Klapotetz) ist ein mechanisches Gerät aus Holz, das mit Hilfe des Windes eine rhythmische, klopfende Geräuschkulisse erzeugt. Ursprünglich wurde er im Spätsommer und Herbst aufgestellt, um Vögel aus den Weingärten fernzuhalten – ähnlich einer Vogelscheuche, nur beweglich und akustisch wirksam.
Sein Name leitet sich vom slowenischen „klopotati“ ab, was so viel wie „klappern“ oder „klopfen“ bedeutet. Das charakteristische Klopfen entsteht durch Holz-Hämmerchen, die während der Drehung auf eine hölzerne Schlagplatte treffen.
Verbreitung
- Hauptverbreitungsgebiet: Südsteiermark, Slowenien, Westungarn und südliches Burgenland
- Heute auch als touristisches Symbol in der Südsteiermark
- In Slowenien ist der Klopotec sogar immaterielles Kulturerbe
Die Geschichte des Klapotetz
Ursprünge im 18. Jahrhundert
Der Klapotetz wurde erstmals im 18. Jahrhundert urkundlich erwähnt, doch vermutlich geht seine Geschichte noch weiter zurück. Ursprünglich war er ein einfaches Gerät aus wenigen Holzteilen – gebaut aus dem, was der Wald hergab. Weinbauern stellten ihn in den Rebgärten auf, um die mühsam gehegten Trauben vor Staren und anderen Vögeln zu schützen.
Der Klapotetz als Brauchtum
Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Klapotetz vom reinen Arbeitsgerät zu einem lebendigen Bestandteil der Weinkultur. Besonders in der Südsteiermark und im slowenischen Haloze-Gebiet wurde er zum Symbol für Erntezeit, geselliges Beisammensein und bäuerliche Tradition. Mancherorts ist es Brauch, dass der Klapotetz am Jakobitag (25. Juli) aufgestellt und am Tag des Heiligen Martins (11. November) wieder abgebaut wird – pünktlich zur Reifung des neuen Weins.
So funktioniert der Klapotetz
Aufbau und Materialien
Ein traditioneller Klapotetz besteht ausschließlich aus Holz – und zwar aus verschiedenen Holzarten, jede mit spezieller Funktion:
- Stamm und Gestell: aus robuster Eiche – für Stabilität
- Flügel (Schaufeln): aus leichtem Fichten- oder Tannenholz – für die Drehbewegung
- Hämmerchen (Klöppel): meist aus Kirsch- oder Eschenholz – erzeugen den Klang
- Schlagbrett (Klangplatte): aus Kastanie – besonders resonanzstark
Der Klapotetz wird auf einem Gestell befestigt und in der Regel gegen den Wind ausgerichtet. Wenn der Wind in die Schaufeln fährt, beginnt sich das Windrad zu drehen. Dabei bewegen sich die Klöppel auf einer rotierenden Scheibe mit, schlagen rhythmisch auf die Holzplatte – und erzeugen das typische „klap-klap-klap“.
Der Klang
Der Klang des Klapotetz ist kein zufälliges Nebengeräusch, sondern gewollt und gestaltet. In manchen Regionen heißt es sogar, dass ein guter Klapotetz „singen“ muss. Das Geräusch soll nicht nur Vögel abschrecken, sondern auch dem Winzer signalisieren: Die Natur arbeitet, die Trauben reifen.
Wirkung gegen Vögel
Ob der Klapotetz tatsächlich ein effektives Mittel gegen Stare ist, ist umstritten. Moderne Untersuchungen zeigen, dass Vögel sich an das Geräusch gewöhnen können – doch in Kombination mit Bewegung und Reflexion kann er durchaus abschreckend wirken. In jedem Fall ist er eine umweltfreundliche Alternative zu chemischen oder elektronischen Methoden.
Der Klapotetz in der Kultur
Der Klapotetz als Symbol der Südsteiermark
In der Südsteiermark ist der Klapotetz weit mehr als ein technisches Gerät. Er steht für das Zusammenspiel von Mensch und Natur, für Tradition, Musik, Gemütlichkeit und Handwerkskunst. Kein Wunder also, dass er als Werbesujet, Weinetikett oder Wirtshausschild fast omnipräsent ist. Viele Buschenschanken und Weingüter haben ihre eigenen Klapotetze, manche sogar in riesigen Ausführungen.
Kunst und Literatur
Der Klapotetz findet sich auch in der Kunst wieder – als Motiv in Malerei, Lyrik und sogar in der Musik. Das charakteristische Geräusch hat Komponisten inspiriert, und in der steirischen Mundartdichtung ist er ein beliebtes Symbol für Heimat, Ernte und die einfache Lebensfreude.
In Slowenien: Nationalstolz
In Slowenien hat der „klopotec“ einen ähnlich hohen Stellenwert. Dort wird er seit 2008 als immaterielles Kulturerbe gepflegt. In Ptuj und Maribor finden regelmäßig Klopotec-Feste statt, bei denen die handwerkliche Herstellung zelebriert wird. Auch dort wird er mit dem Weinbau und dem bäuerlichen Jahreskreis verbunden.
Klapotetz selbst bauen – Handwerk und Leidenschaft
Der Bau eines Klapotetz erfordert Wissen
Auch wenn moderne Versionen mittlerweile im Handel erhältlich sind: Ein echter Klapotetz ist ein handgefertigtes Einzelstück. Der Bau erfordert Wissen um Statik, Aerodynamik, Holzeigenschaften und Klanggestaltung. Die Maße und Proportionen müssen stimmen, sonst „klappert“ der Klapotetz nicht richtig.
Traditionelle Handwerker:innen bauen den Klapotetz oft im Winter, wenn die Arbeit im Weingarten ruht. Die Holzauswahl ist entscheidend – jede Komponente wird sorgfältig abgestimmt, oft nach regional überlieferten Bauplänen.
Workshops und Ausstellungen
In vielen Regionen gibt es Kurse und Werkstätten, in denen Interessierte lernen können, wie ein Klapotetz gebaut wird. Museen und Freilichtausstellungen – wie das Österreichische Freilichtmuseum Stübing – zeigen historische Exemplare und erklären ihre Funktion.
Der Klapotetz im Wandel der Zeit
Von der Funktion zur Folklore
Heute wird der Klapotetz oft nicht mehr primär zur Vogelabwehr, sondern als dekoratives Element genutzt. Vor allem entlang der südsteirischen Weinstraße gehört er zum typischen Landschaftsbild – oft in überdimensionaler Form als Landmarke oder Ausflugsziel.
Nachhaltigkeit und Regionalität
Der Klapotetz steht auch symbolisch für eine Rückbesinnung auf nachhaltige Landwirtschaft und regionale Identität. In einer Zeit, in der Technik und Globalisierung viele bäuerliche Traditionen verdrängen, erinnert der Klapotetz daran, dass Handwerk, Naturverständnis und gemeinschaftliches Feiern einen besonderen Wert haben.
Feste rund um den Klapotetz
Klapotetzfeste in der Südsteiermark
Alljährlich im Spätsommer und Herbst finden rund um den Welschriesling und den Klapotetz zahlreiche Weinfeste statt. Buschenschanken öffnen ihre Türen, Musikgruppen spielen auf, und der neue Sturm fließt in Strömen. Der Klapotetz ist dabei nicht nur Deko, sondern Identifikationsobjekt und Veranstaltungsname zugleich.
Ein typischer Ablauf
- Aufstellen des Klapotetz
- Weihe oder Segnung
- Musik (meist volkstümlich)
- Kulinarik: Kürbiskernöl, Käferbohnen, Brettljause
- Weinverkostung und geselliges Beisammensein
Fotospots und Reisetipps: Wo du den Klapotetz erleben kannst
Südsteirische Weinstraße
Zwischen Ehrenhausen, Gamlitz, Leutschach und Kitzeck reiht sich Klapotetz an Klapotetz. Besonders eindrucksvoll: Der größte Klapotetz der Welt in Klöch (Steiermark), mit über 16 Metern Höhe.
Wirtshaus und Buschenschank-Tipps
- Weingut Tinnauer (Gamlitz) – Mit Blick über das Hügelland und traditionellem Klapotetz
- Buschenschank Schneeberger (Kitzeck) – Romantischer Sonnenuntergang, urige Küche
- Wirtshaus Sattlerhof (Ehrenhausen) – Kombination aus Kulinarik und Klapotetz-Fotospot
Wanderungen
Der „Klapotetz-Wanderweg“ in Leutschach bietet eine schöne Kombination aus Natur, Kultur und Wein. Auf rund 7 km Länge kann man mehrere Exemplare in unterschiedlichen Größen und Ausführungen bestaunen.
Fazit: Der Klapotetz – Klang gewordene Landschaft
Der Klapotetz ist eines dieser seltenen Kulturgüter, die man nicht nur sieht, sondern hört, spürt und erlebt. Er erzählt von bäuerlichem Leben, vom Rhythmus der Jahreszeiten und von der engen Verbindung zwischen Mensch, Landschaft und Handwerk. Wer in der Südsteiermark unterwegs ist, sollte die Ohren spitzen – denn vielleicht erzählt der nächste Windstoß gerade eine alte Geschichte, begleitet vom Klopfen eines hölzernen Windrads.
Ob als akustisches Wahrzeichen, handwerkliches Meisterstück oder liebgewonnene Erinnerung an einen goldenen Herbstnachmittag – der Klapotetz hat seinen festen Platz in der steirischen Seele. Und wer ihn einmal gehört hat, vergisst ihn nie mehr.